Sommer, Sonne, Sonnenschein

sonnige Gedichte

 



 

Hab Sonne im Herzen...

Hab Sonne im Herzen,
ob’s stürmt oder schneit,
ob der Himmel voll Wolken,
die Erde voll Streit ...
hab Sonne im Herzen,
dann komme was mag:
das leuchtet voll Licht dir
den dunkelsten Tag!

Hab ein Lied auf den Lippen
mit fröhlichem Klang,
und macht auch des Alltags
Gedränge dich bang ...
hab ein Lied auf den Lippen,
dann komme was mag:
das hilft dir verwinden
den einsamsten Tag!

Hab ein Wort auch für andre
in Sorg und in Pein
und sag, was dich selber
so frohgemut lässt sein:
Hab ein Lied auf den Lippen,
verlier nie den Mut,
hab Sonne im Herzen,
und alles wird gut!

 

Cäsar Flaischlen (1864-1920)

 





Erste Sonne

 

Wie gerne lass' ich von der ersten Sonne
Mich bescheinen! – Wenn der Januar
Mit seiner Atemzüge Eishauch wich
Wenn in der Monde Schnur die zweite Perle
Sich übertropfen läßt von Goldreflexen
Der Winternebel Vorhang in zwei Stücke
Geborsten ist ... und ihrer Gnaden Truhe
Nach träumerischer Rast die Sonne leert
Den ganzen Köcher ihrer funkelnden Pfeile:
Wie gerne lass' ich mich von dieser Sonne,
Von dieser Sonne sanft verkühltem Licht
Bescheinen! Leise kommt auf leichten Sohlen
Ein Sinnen über mich ... ein dunkles Suchen
Und doch, wie so klar und wunschlos still ...
All' Winterunrast hab' ich abgetan
Als schritte ich auf Wolken, treib' ich hin ...
Die Augen halb geschlossen ... seltsam müde
Und an den Sonnenstrahl, der mich berührt ...
Leise, ganz leise meine Wange streift,
Möcht' ich mich lehnen ... und in seiner Goldspur
Verdämmern lassen meiner Seele Leben ...


 Hermann Conradi

 

 

 

 

sommerbleiche


sonne leckte über den horizont
am morgen tropfte leim verletzter reben
mittags dörrte gras
in unzähmbarer sonne
abends ausgeblichen
schlichen säumige glichen
der zerflimmernden scheibe

könige der nacht
erst dann

 

Levrai

 

 

 

 

 

 

Wenn hinabgeglüht die Sonne


Wenn hinabgeglüht die Sonne,
Steht der Mond schon überm Tal,
Und den Abglanz ihrer Wonne
Gießt er aus im feuchten Strahl.

Also bleibt im tiefsten Herzen
Von versunknem großem Glück
Tröstlich für die Nacht der Schmerzen
Uns ein Widerschein zurück.

Meine Sonne schied für immer,
Meine Liebe schön und jung;
Laß mich ruhn in deinem Schimmer,
Sanfter Mond, Erinnerung!

Emanuel Geibel

 

 

 

 

Sonnenuntergang

Am Untersaum
des Wolkenvorhangs
hängt der Sonne
purpurne Kugel. 
Langsam zieht ihn
die goldene Last
zur Erde nieder,
bis die bunten Falten
das rotaufzuckende Grau
des Meeres berühren.

Ausgerollt ist
der gewaltige Vorhang.
Der tiefblaue Grund, 
unten mit leuchtenden Farben
breit gedeckt,
bricht darüber
in mächtiger Fläche hervor,
karg mit verrötenden
Wolkengirlanden durchrankt
und mit silbernen Sternchen
glitzernd durchsät.
Aus schimmernden Punkten  
schau ich das Bild
einer ruhenden Sphinx
kunstvoll gestickt. 

Eine Ankerkugel,
liegt die Sonne im Meer.
Das eintauchende Tuch,
schwer von der Nässe,
dehnt sich hinein in die Flut.
Die Farben blassen, 
mählig verwaschen.
Und bald strahlt
vom Himmel zur Erde
nur noch 
der tiefe, satte Ton
blauschwarzer Seide.


Christian Morgenstern 



Mandolinen Lied  (Wenn die Sonne lieblich schiene)

    

Wenn die Sonne lieblich schiene,
Wie in Welschland blau und lau,
Ging'  ich mit der Mandoline 
Durch die überglänzte Au.

     

In der Nacht dann Liebchen lauschte
An dem Fenster, süßverwacht,
Wünschte mir und ihr, uns beiden
Heimlich eine schöne Nacht.

    

Wenn die Sonne lieblich schiene
Wie in Welschland lau und blau,
Ging ich mit der Mandoline
Durch die überglänzte Au.

 

Joseph v. Eichendorff

 

 

 

 

 

O Sonne


 

O birg in kühnem Leben Sonnenstunden ,
Dein Wesen bleib um Wonne hold in Sorgen;
Die Sonne schenkt sich fordernd: borg zu borgen,
Laß eignen Überschwang durch Gold umrunden!

Wie froh gekühlte Sommermonde munden!
In Weinesröte loht ein stolzer Morgen
Der ewigen Erwachtheit traut geborgen:
Sein Tag in uns singt alte Sonnenkunden.

O Sonne, meine Seele sei ein Garten,
Berühre sacht der Triebe zartes Sprühen:
Ein Mensch ist lenzgewohnt, weil voll Erwarten!

O Sonne, weil behutsam um mein Mühen:
Wir fühlen freudig ferne Feuerfahrten,
Die, fruchtbar durch den Geist, für dich erglühen!


Theodor Däubler



Auch das ist Kunst,

 

ist Gottes Gabe,

aus ein paar sonnenhellen Tagen

sich so viel Licht ins Herz zu tragen,

dass, wenn der Sommer längst verweht,

das Leuchten immer noch besteht.

Goethe